Christus-Gemeinde Weil der Stadt
Einfaches Streamen eines Gottesdienstes 18. März 2020Die aktuelle Situation bringt viele Kirchen dazu, ihren Gottesdienst über das Internet verfügbar machen zu wollen.
Von seinem Pastor vor diese Aufgabe gestellt, kommen einem zunächst zwei Gedanken:
1) Wie kriege ich das mit einem sehr limitierten Budget hin?
2) Wie läuft das technisch?
Wir in der Christus-Gemeinde Weil der Stadt haben dies am vergangenen Sonntag (15.3.2020) das erste Mal gemacht, und beide Fragen können beantwortet werden. Dies wollen wir hier tun. Vorneweg: Es geht hier um eine einfache, aber vollkommen ausreichende Lösung für dieses Problem.
TL;DR (oder auch “kurz zusammengefasst”):
Ziel: einfaches und kostengünstiges Streaming des Gottesdienstes
Lösung: USB-Kamera / Audio → Laptop/MacBook mit Software Wirecast → YouTube ( → Church Online)
USB-Kamera
Das einfachste ist, eine USB-Kamera zu nutzen — dann benötigt man keinen externen Konverter eines Videosignals. Hier eignen sich externe Webcams. Wir haben sogar die eingebaute FaceTime-Kamera unseres MacBooks genutzt, da unsere WLAN-iPhone-Kamera-Lösung leider nicht stabil genug war — das hatte den lustigen Effekt, dass der Bediener des MacBooks ab und an im Bild zu sehen war…
iPhone-/iPad-Kameras
Wirecast (siehe unten) bietet auch die Möglichkeit, iPhones/iPads mittels der App Wirecast Go über WLAN einzubinden — dazu müssen der Laptops und die iPhones im selben WLAN sein. Das hat in unseren Tests geklappt — im Gottesdienst dann leider nicht mehr. Deshalb fand unsere Übertragung nur mit der eingebauten FaceTime-Kamera des MacBooks statt.
Nächstes Mal werden wir es mit einem separaten WLAN und der App NDI HX Camera probieren — diese hat zwar keine guten Bewertungen, hat im Test aber gut funktioniert (aber was heißt das schon…).
Empfehlenswert sind dann natürlich auch Stative.
Audio-Signal
Zu einem guten Gottesdienst gehört natürlich auch der Ton. Dies war der einzige Punkt, der bei uns Kosten verursacht hat. Das Signal aus dem Mischpult muss sauber in den Laptop. Man kann da sicherlich auch ohne Kosten über den Line-In-Eingang eine einfache Lösung schaffen — wir haben uns hingegen einen Konverter von iRig besorgt (dieser lässt sich auch direkt an das iPhone anschließen).
Software: Wirecast
Das Signal, das die Kameras produzieren, muss dann irgendwie in einen Stream gewandelt werden. Dazu kann man Hardware oder Software nutzen. Günstiger und einfacher ist natürlich die Software-Lösung. Es gibt verschiedene Software — wir haben uns für “Wirecast” entschieden, da man hier wohl recht schnell loslegen kann. Dies hat sich auch bestätigt — allerdings ist die Software recht teuer (600$). Wir nutzen jetzt erstmal die 30-tägige uneingeschränkte Demo-Version — dann sehen wir weiter (kostenlose Alternative: Open Broadcaster Software, wohl recht schwer zu bedienen; es gibt auch noch vMix für Windows sowie Ecamm Live für Mac).
Zur Bedienung von Wirecast gibt es sehr gute und kurze Videos.
Streaming Provider: YouTube
Anschließend muss Wirecast Bild und Ton an einen Streamingprovider schicken. Wir haben uns der Einfachheit halber für YouTube entschieden — es gibt auch andere Streamingprovider, sogar einige auf Kirchen spezialisierte wie ChurchStreaming (die ihre Dienste wegen Corona jedem für 90 Tage kostenlos anbieten).
Um einen Stream zu starten, muss man noch nicht mal in YouTube selbst sein — das funktioniert aus Wirecast heraus. Auch dazu gibt es bei den schon erwähnten Wirecast-Videos Tutorials — aber letztendlich muss man sich einfach unter “Übertragen” → “Übertragungseinstellungen” mit seinem YouTube-Account verbinden und ein Ereignis (=Gottesdienst) anlegen.
Anschließend kann man direkt an seinen YouTube-Kanal streamen und das Video veröffentlichen — eine stabile Internetverbindung ist natürlich Voraussetzung.
Speziell für Gottesdienste: Church Online
Um seinen Mitgliedern den Gottesdienst ins Wohnzimmer zu streamen, ist jetzt schon alles getan — wir sind noch einen Schritt weitergegangen und haben “Church Online” genutzt. Dort hat man dann eine eigene Webseite für seinen Gottesdienst — inklusive Online-Gebetsanliegen, Chat und Bibel. Dort lässt sich dann der Link auf den YouTube-Stream hinterlegen und er kann direkt dort angezeigt werden.
ChurchOnline empfiehlt auf seinen Seiten, einen anderen Streaminganbieter als YouTube zu verwenden — bei uns hat das allerdings einwandfrei funktioniert.
Es ist also alles in allem gar nicht so schwer, seine Gottesdienstbesucher weiterhin am Geschehen teilhaben lassen zu können. Bei unserem ersten Versuch ist sogar durch den parallelen Chat eine interessante Dynamik entstanden.
Und vor allem: es lässt sich komplett kostenlos umsetzen — zumindest mal für ein paar Wochen.
Zu den rechtlichen Fragen des Streamings (Datenschutz, Urheberrechte) könnt Ihr euch in der „Orientierungshilfe für Veranstalter in der Corona-Krise“ kundig machen, die der MV vor ein paar Tagen bereitgestellt hat.
(C) Text & Bild: Sebastian Schöps, https://medium.com/@sebastian.schoeps/einfach-st-es-streamen-eines-gottesdienstes-3c82837ea11f