„Mehr als ein Quantum Trost“ – Seminar mit Dr. H.Chr. Rust
10. September 2019Eine konfessionell bunt gemischte Teilnehmerschaft aus Osnabrück und bis in den Weser-Ems- und Norwestbund hinein hatte sich am Fr. 30.09. bis zum So. 01.09.2019 in der Osnabrücker Andreas-Gemeinde zusammengefunden, um eines der grundlegendsten Sendungs-Charismen der Kirche zu vertiefen oder überhaupt erst neu zu entdecken: Die Gabe der Heilung (vgl. Mk.16 15-17, Lk. 10, 1-9).
Heiner Christian Rust stellte die biblische Lehre über den Heilungsdienst in den Mittelpunkt seiner Darlegungen, gewürzt mit seiner langen Erfahrung sowohl mit eigener Krankheit, als auch mit dem diakonischen Dienst der Gemeinden, in denen er gewirkt hat und noch wirkt. Die Vorträge wurden jeweils mit Lobpreiszeiten eröffnet, und am Samstagabend und Sonntagmittag bildete die Praxis mit „helfendem Gebet“ durch die Gebets- und Seelsorgeteams der Andreas-Gemeinde die erfahrbaren Höhepunkte des Seminars.
Mit außerordentlicher Nüchternheit und ökumenischem Weitblick führte Rust durch die Themenbereiche. „Unser Heilungsgebet ersetzt nicht den Gang zum Arzt“, stellte er unmissverständlich dar, „gleichwohl ist die (medizinische oder psychologische) Diagnose für das Gebet uninteressant“, denn Christen dürften sehr wohl in kindlicher Unbefangenheit alle ihre Sorgen auf Jesus werfen. „Manchmal frage ich mich bei der Bitte um Heilungsgebet allerdings schon, ob ich die Ernährungs- oder Lebensweise hinterfragen soll, wenn bei den Bittstellern die negativen Folgen moderner Zivilisationskrankheiten so unübersehbar nach außen sichtbar sind.“
Ein zentrales Anliegen für den Referenten war, dass „die Heilungskompetenz zur Berufung und Aufgabe einer gesamten Gemeinde“ gehört, und keineswegs die Domäne von Einzelnen, kleinen Gebetsgruppen oder gar Gesundbetern sei. „Wir SIND keine Heiler, sondern wir HABEN einen Heiland, für den wir unterwegs sind“, so Rust. Das habe unmittelbare Auswirkungen auf die Sendung, die eine Gemeinde für die sie umgebende Gesellschaft einer Stadt oder eines Dorfes hat.
Wie Heilungskompetenz im Gemeindeprofil entwickelt werden kann, erläuterte Rust am Beispiel der Friedenskirche Braunschweig. Sie ist in der Stadt bekannt als „die Gemeinde, in der aktiv für Kranke gebetet wird“.
1. Zum Heilungsdienst gehört die Krankensalbung nach Jak. 5, 14f mit aromatischem Öl als Kreuzzeichen auf die Stirn (und altkirchlich auch auf die Hände, wo möglich auch auf Füße und Brustbein, also „ganzeitlich“).
2. Die Gebetsteams agieren „nicht einfach so“, sondern werden kontinuierlich fortgebildet.
3. Organisiert wird eine enge Kooperation mit den Seelsorgeteams und mit Menschen, die ein prophetisches Charisma haben. So kommen bei Gebetseinsätzen meist drei Personen zusammen, bzw. werden (situativ auch spontan) je nach Bedarf zusammengestellt.
4. Zum Heilungsgebet muss man sich anmelden, da vor allem Ehrenamtliche nur ein begrenztes Zeitbudget einsetzen können.
„Jesus heilt“ als gemeindlicher Dienstbereich muss demnach Schritt für Schritt aufgebaut und entwickelt werden und kann nicht einfach „top-down eingeführt“ werden. Ausschlaggebend für das Engagement einer Gemeinde sind die Charismen, soweit sie bei den Mitgliedern und Freunden vorhanden sind bzw. erbetet werden. Wichtig für ein Gemeindeprofil ist auch der Blick in die Nachbargemeinden. Gott liebt die Vielfalt, und die Gesellschaft braucht viele unterschiedliche Glieder am Leib Christi. Nicht alle können und sollen dasselbe Glied abbilden.
(Text: Bernd Steinfeld)