ECHT! 2016 in Mülheim: Mitarbeiterkonferenz in neuem Format
16. November 2016Schon im Vorfeld war man gespannt, wie die Reaktion in den MV-Gemeinden wohl ausfallen würde. So fragte Pastor Clemens Pust von der Christus-Gemeinde Mülheim im [Werbe-Trailer]: „Warum wird die ECHT! so wunderbar?“ und die Antwort von MV-Präses Ekkehart Vetter kam zunächst einmal sehr locker daher: „Das wird ’ne ganz klasse, super Inspirations-Konferenz mit tollen Leuten, Gegenwart Gottes, super Lobpreis, vielen Seminaren, ganz viel Austausch, wird echt cool!“
Aber so war es dann auch tatsächlich: 250 Mitarbeiter/innen aus Gemeindeleitungen und Arbeitsbereichen, sowie engagierte Referenten waren als „tolle Leute“ nach Mülheim gekommen, um in sechs „Sessions“ das Profil des Mülheimer Verbands mit seiner neuen „DNA“ für die Gemeindearbeit fruchtbar zu machen. In 20 Workshops konnte man das Gehörte vertiefen und auf die eigene Gemeindesituation anwenden. Zusätzlich war noch viel Zeit für Pausengespräche und Erfahrungsaustausch vorgesehen, sodass das Konferenzprogramm bis in die Abendstunden hinein geplant werden musste. Darüber hinaus sind Konferenzen des Mülheimer Verbands auch immer von Gebets- und Lobpreiszeiten geprägt, die wohltuende Unterbrechungen im straffen Tagungsablauf bieten.
Erster Höhepunkt war die Session mit Johannes Reimer, Pastor und Professor u.a. an der Theol. Hochschule der Freien Evangelischen Gemeinden in Ewersbach. Leidenschaftlich warb er für ein Selbstverständnis christlicher Gemeinden, die ihren missionalen Auftrag nicht durch ständiges Kreisen um sich selbst ersetzen dürfen. Das seien schleichende Prozesse, die darum umso gefährlicher würden, weil der Blick für die Realitäten nach und nach durch wachsende Betriebsblindheit verstellt würde. Wenn die „musikalische Lobpreiskultur und das Sich-Kümmern um eine fromme Wellness-Oase“ wichtiger seien, als die Nachfolge Jesu in seiner Zuwendung zu den Menschen, dann gerate eine Gemeinde in eine Schieflage und müsse sich nicht wundern, wenn Besucher wegbleiben, wenn ihnen das Gottesdienstformat nicht mehr zusage. Eine christliche Gemeinde habe nicht nur die Aufgabe, schöne Gottesdienste zu feiern, sondern hat nicht mehr und nicht weniger den Auftrag, die Welt zu verändern, indem sie die Menschen außerhalb der Gemeinde (!) zur Bekehrung zu Jesus einlädt. „Ekklesia bedeutet: Wir sind herausgerufen aus der Welt (griech.: ek-kaleo), und in die Welt hineingesandt, um Verantwortung zu übernehmen. Wir haben der Welt zu sagen, dass Gott sich mit ihr versöhnt hat und es gerade jetzt in diesem Augenblick für Dich und mich tut – und nicht irgendwann einmal“, so Reimer. Sich von der „bösen Welt“ fernzuhalten widerspreche dem Handeln Jesu. Sein Wort gelte dem gedeihlichen Zusammenleben der Menschen im Horizont der göttlichen Ewigkeit. So wie „Jesus am Kreuz die Welt umarmt und durch sein Opfer erlöst“ habe, so müsse Mission beim gesellschaftlichen Umfeld sowohl des einzelnen Christen, als auch ihrer Gemeinden ansetzen, und zwar durch selbstlosen Dienst an ganz konkreten Menschen. Reimers Impulse gipfelten in der These: „Ekklesia – das ist ein politischer Begriff!“ Durchaus herausfordernd gemeint regten diese Ausführungen eine rege Diskussion im anschließenden Workshop Reimers an, in dem es dann konkret um Flüchtlingsintegration ging.
Der zweite Höhepunkt war ein Praxistransfer des Grundsatzreferates von Johannes Reimer. „Wie leiten wir unsere Gemeinden hin zu einem bevollmächtigen, evangelistischen Lebensstil?“ Dieser Frage nahm sich Regina Gassmann an. Ausgehend vom Beispiel des Stephanus, des ersten Diakons in der Kirche (Apg. 6) stellte sie dar, dass an der „Schlüsselstelle zwischen der Gemeinde und ihrer Umwelt“ die Menschen ständen, und zwar mit ihren ganzen Bedürfnissen (Freude, Hoffnung, Trauer, Angst, Durst, Hunger, Kleidung, Wohnung, Arbeit …). Diese Bedürftigkeiten seien nicht nebensächlich, sondern müssten „zur Chefsache gemacht“ werden – nicht für den Pastor oder Gemeindeleiter, sondern als „Herzenssache jedes Gemeindemitglieds“. Dann bekomme das Evangelium seine Relevanz und die Gemeindearbeit ihren eigenlichen Sinn. Erst danach könne man daran gehen, die Arbeitsstrukturen entsprechend anzupassen. Regina Gassmann warb eindringlich dafür, die kirchliche Grundfunktion der Diakonie gewissermaßen als Handwerkszeug der Evangelisation einzusetzen und sich nicht auf die verbale Verkündigung des Wortes Gottes zu beschränken. In ihrem Workshop stellte sie das Modell „Kinderspielplatz-Präsenz“ der Christus-Gemeinde Hamburg-Barmbek-Nord vor.
Dritter Höhepunkt: „Mitarbeit – eine Frage des Herzens“. Was sind die Basics unseres Engagements für Gott und die Welt, und wie können wir unsere Motivation für Gott, seine Gemeinde und unser missionales Engagement lebendig halten lassen? Hans-Peter Pache aus der Berliner Lukasgemeinde teilte seine Motivation mit den Konferenzteilnehmern. Ein vom Geist Gottes entflammtes Herz nehme die Mühsal aus dem zuweilen mühseligen Gemeindealltag. Glimmende Dochte würden wieder ganz neu zum Leuchten gebracht. „Die Messlatte für Mitarbeiter finden wir in Röm. 12“, so Pache. Die Konferenzteilnehmer erhielten einen daraus entwickelten, ausführlichen Mitarbeitercheck für zu Hause.
Ungeachtet dieser Highlights aus den Referentenbeiträgen fiel es nicht immer leicht, sich unter den 20 Workshops zu entscheiden. 2-3 Themen waren für jeden Konferenzteilnehmer möglich, je nach Umfang und Dauer. Die Bandbreite reichte von persönlicher Spiritualität über ethische Fragen und den Umgang mit Gemeindeinterna bis hin zu Evangelisation auf der Straße und Berichten aus der Sambia-Mission. Zusätzlich wurde spontan ein Treffen der Gemeindeleitungen anberaumt, um sich zusammen mit der MV-Leitung einmal „von der Seele zu reden, was auf den Nägeln brennt“.
Zur Umsetzung der MV-DNA ins Leben der Gemeinden und ihrer Mitglieder legte Präses Ekkehart Vetter eine 4-Punkte-Strategie vor: „1. erneuern, 2. Glauben finden, 3. neu gründen, 4. bürgerschaftlich engagieren“. Aus dem Christlichen Gemeindezentrum Schwabbach wurde berichtet, auf wie vielen Ebenen dort zur persönlichen Beziehung mit Jesus eingeladen wird. Auch zu den übrigen Punkten berichten jeweils Praktiker aus den MV-Gemeinden von ihren Handlungsansätzen und Erfahrungen. Vetter legte den anwesenden Mitarbeitern nochmals die Förderung von Leitungspersönlichkeiten ans Herz, für die der MV wichtige Ressourcen zur Verfügung stellt: Das „Gospel-Coaching“ mit Hans-Peter Pache über ein Wochenende und das berufsbegleitende [„K5-Leitertraining“] der „Leiterakademie der Kirche für Oberberg“ in Gummersbach, deren nächster Kurs im Herbst 2017 beginnt mehr dazu in den Präses-News].
Den Abschluss der Mitarbeiterkonferenz bildete die Feier des Sonntagsgottesdienstes zusammen mit der Christus-Gemeinde Mülheim. In seiner Predigt ging es Matthias Pache (Lüneburg) gar nicht mehr um den MV, sondern – wie es schon in den Konferenztagen mehr und mehr zum Ausdruck kam – um die Zukunft „der Kirche Jesu Christi“ generell. Der Apostel Paulus nennt einige Kriterien dafür in seinem 1. Brief an die Gemeinde in Thessalonich (heute Saloniki) im 3. Kapitel: Fortgesetzte Glaubensunterweisung (Pache: „Dankbare Unzufriedenheit“) – Wachstum in der Liebe – Heiligung angesichts der Wiederkunft Christi (Pache: „Wissen um die Realitäten in dieser Welt“). Pache fragte nach unserem Platz auf einer Skala gemeindlicher Akzeptanz von 0 („Kirche ist mir egal“) bis 10 („was kann es Größeres geben als an diesem Werk mitzuarbeiten, was in Ewigkeit Bestand hat? Ich will alles, was mir gegeben ist, für Dich einsetzen, Jesus…!“) Ist meine Leidenschaft vielleicht in der letzten Zeit zurückgegangen und ich müsste mein Kreuz jetzt bei der 8 machen? Oder war ich vor gar nicht so langer Zeit auf Punkt 0 und finde mich nun bereits auf der 8 wieder? Entscheidend seien die Früchte in unserer Hand. Was hindert uns, dass jede/r den besten Platz einnimmt, um bei der nächsten ECHT! 2018 in Ellmendingen davon berichten zu können, wie sich das Werk Jesu um unsere Gemeinden herum weiter entwickelt hat?
(Bernd Steinfeld)